Der Einsatz der Gesamt-Genomsequenzierung unterstützt die Kartierung von Bacillus-anthracis im Gebiet des Kaukasus

Milzbrand ist eine zoonotische Infektionskrankheit, die z.B. in Vorderasien endemisch ist. Im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit gelang es Wissenschaftlern des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr (IMB) gemeinsam mit Kollegen aus der Türkei, Georgien und Großbritannien einen genaueren Einblick in die phylogeographische Verbreitung des Milzbranderregers Bacillus anthracis im Gebiet des südlichen Kaukasus-Gebietes zwischen der Türkei und Georgien zu gewinnen. Im Ausbruchsfall ist es jetzt möglich, die phylogenetische Populationsstruktur von Patientenisolaten des Pathogens in Ost-Anatolien (nahe einer NATO-Außengrenze) durch molekulargenetische Tests den neu-definierten Verwandtschaftsgruppen zuzuordnen und so Ausbrüche exakter zu beschreiben.

Das internationale Wissenschaftlerteam nutzte hierzu eine Kombination aus der Analyse bereits publizierter Genom-Daten (georgische Isolate), eigener Gesamtgenom-Sequenzierungen (türkische Isolate) und molekulargenetischer Tests, um ein besseres Bild der Diversität und Phylogenie des Milzbranderregers am südöstlichen Rand des NATO-Bereichs zu gewinnen. Damit sollte die Zuordnung neuer Erreger-Isolate im Falle eines ungewöhnlichen Krankheitsausbruchs auf ein engeres geographisches Gebiet in Vorderasien möglich und so die Infektionsquelle schneller und genauer identifizierbar sein. Obwohl wir bisher nur über spärliche epidemiologische Daten für die Nachbarländer wie Armenien oder Aserbaidschan (aber auch für die übrige Türkei) verfügen, kann bereits jetzt postuliert werden, dass im Laufe der weiteren Digitalisierung der biologischen Diversität in der näheren Zukunft auch diese Lücke in der Phylogeographie des Milzbrands geschlossen werden kann. Zusätzlich, sozusagen als Nebenprodukt, können uns solche phylogeographischen Erreger-Typisierungsbemühungen dabei helfen, das Gesamtbild seiner weltweiten Diversität zu erfassen. Insbesondere sind nahe Verwandte westeuropäische, amerikanische und australische Bacillus-anthracis-Stämme wahrscheinlich ursprünglich aus vorder- oder mittelasiatischen Regionen importiert worden. Denn dort sind solche Erregerstämme ökologisch etabliert.

Das IMB beschäftigt sich für diagnostische und bioforensische Fragestellungen mit dem Milzbranderreger, der in der Vergangenheit als biologischer Kampfstoff missbraucht wurde. In der Fachgruppe Milzbrand wurden Teste entwickelt, die gem. DIN EN ISO 15189 akkreditiert sind. Die Fachgruppe Mikrobielle Genomik und Bioinformatik stellt die grundlegenden Methoden zur Gewinnung und Auswertung genomischer Daten zur Verfügung. Die Wissenschaftler dieser Fachgruppen wie Oberregierungsrat Dr. Markus Antwerpen und Regierungsdirektor Dr. Gregor Grass entwickelten im Rahmen phylogeographischer und bioforensischer Fragestellungen hochauflösende Teste zur Bestimmung des genetischen Fingerabdrucks des Milzbranderregers. In ihrer neuesten Publikation wurden diese Methoden angewendet, um Zusammenhänge zwischen der Verbreitung des Bacillus anthracis und seiner evolutionären Entwicklungsgeschichte aufzuklären.

Die Studie wurde veröffentlicht in: Sahin, M., F. Buyuk, L. Baillie, R. Wölfel, A. Kotorashvili, A. Rehn, M. Antwerpen and G. Grass (2018). "The identification of novel single nucleotide polymorphisms to assist in mapping the spread of Bacillus anthracis across the Southern Caucasus." Scientific Reports 8(1): 11254.