Themenschwerpunkt Affenpocken
Pressemitteilung
In Europa und Nordamerika haben die Gesundheitsbehörden seit Anfang Mai zunehmend Fälle von Affenpocken festgestellt und damit die Sorge geweckt, dass sich die ansonsten nur in einigen Regionen Afrikas vorkommende Erkrankung nun weiter ausbreitet. Mit mehreren bestätigten Fällen in Großbritannien, Spanien und Portugal ist dies der bislang größte und weitreichendste Ausbruch von Affenpocken, der jemals in Europa beobachtet wurde.
Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (IMB) in München hat nun am 19. Mai 2022 auch erstmals in Deutschland bei einem Patienten mit charakteristischen Hautveränderungen das Affenpockenvirus zweifelsfrei nachgewiesen. Am 21. Mai gelang am IMB zudem die vollständige Entschlüsselung des Erbguts des Virus. Es zeigte sich, dass der Erreger zur westafrikanischen Linie der Affenpockenviren gehört. Im BSL-3 Sicherheitslabor des Instituts wurde das Virus zudem auf Zellkultur angezüchtet. Es steht damit für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
Noch ist nicht bekannt, ob und wenn ja, welcher Zusammenhang bei dem derzeitigen Ausbruch zwischen den einzelnen Fällen besteht, allerdings sind bisher auffällig viele Männer betroffen, die Sex mit Männern hatten.
Affenpocken sind eine aus dem Tierreich stammende Viruserkrankung, die nur gelegentlich Infektionen beim Menschen verursacht. Sie wird durch das Affenpockenvirus ausgelöst, das zur Familie der Orthopockenviren gehört. Affenpocken können im Frühstadium über erregerhaltige Tröpfchen in der Ausatemluft oder später durch direkten Kontakt mit den charakteristischen Hautveränderungen übertragen werden. In Pustel- und Schorfmaterial ist das Virus noch lange überlebensfähig und kann so auch über kontaminierte Materialien und Oberflächen wie beispielsweise Kleidung, Bettzeug und andere persönliche Gegenstände übertragen werden.
Die Inkubationszeit der Affenpocken beträgt in der Regel 6 bis 13 Tage, kann aber auch zwischen 5 und 21 Tagen liegen. Die Krankheit heilt typischerweise von selbst ab, wobei die Symptome in der Regel innerhalb von zwei bis drei Wochen abklingen. Zu den ersten Symptomen der Affenpocken gehören Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Abgeschlagenheit. Es kann sich ein anfangs stark juckender, fleckiger Ausschlag entwickeln, der meist im Gesicht beginnt und sich dann auf andere Körperteile, einschließlich der Genitalien, ausbreitet. Die Hautveränderungen durchlaufen dann verschiedene Stadien, die auch mit Windpocken, Dellwarzen oder der Syphilis verwechselt werden können. Es bilden sich flüssigkeitsgefüllte Bläschen, die eitern und aufplatzen können und schließlich ein Schorf, der später abfällt und dabei noch vermehrungsfähiges Virus enthalten kann.
Affenpocken wurden, wie der Name bereits andeutet, erstmals 1958 bei Affen in einer Versuchstierhaltung entdeckt. Vermutlich sind Affen allerdings nicht das Hauptreservoir des Virus, weshalb der Name irreführend ist. Vielmehr sind nach neuesten Erkenntnissen wahrscheinlich kleine Nagetiere das natürliche Reservoir dieses Virus und Affen sowie der Mensch lediglich Zufallswirte.
Es gibt zwei Abstammungslinien des Affenpockenvirus: die westafrikanische Linie und die zentralafrikanische, die vor allem im Kongo-Becken vorkommt. Die Sterblichkeitsrate für Infektionen mit der westafrikanischen Linie liegt bei etwa 1%, während sie für die Kongo-Becken-Linie bis zu 10% betragen kann. Kinder und Schwangere haben ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf.
Im Gegensatz zu SARS-CoV-2 wird das Affenpockenvirus nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen. Eine Infektion erfordert in der Regel einen sehr engen Kontakt mit infizierten Menschen, Tieren oder kontaminierten Gegenständen. Affenpocken verursachen zwar ein sehr typisches Krankheitsbild, milde Fälle mit sehr wenigen Hautveränderungen können jedoch unentdeckt bleiben und stellen somit ein Risiko für die weitere Übertragung von Mensch zu Mensch dar. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass eine Impfung gegen Pocken auch vor einer Infektion mit Affenpocken schützt, jedoch hat der Großteil der Bevölkerung heute mittlerweile keinen belastbaren Schutz mehr durch frühere Pockenschutzimpfungen. Ein aktuell auch in Europa verfügbarer Pocken-Impfstoff basiert auf dem modifizierten Vacciniavirus Ankara (MVA). In den USA und Kanada umfasst die Zulassung dieses Impfstoffs auch den Schutz vor Affenpocken. Seit 2022 ist das Medikament Tecovirimat zur Behandlung von Affenpocken auch in Europa zugelassen, allerdings ist es bisher nur begrenzt verfügbar.
Der Nachweis von Affenpocken ist Teil des nach DIN EN ISO15189 akkreditierten Diagnostikspektrums des Instituts für Mikrobiologie der Bundeswehr. Er steht auch zivilen Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung. Weitere Hinweise für Ärztinnen und Ärzte, sowie Kontaktdaten sind im Internet unter www.instmikrobiobw.de oder unter Tel. 089 992 692 3981 verfügbar.
Erbgut des Virus entschlüsselt
Das vollständig Entschlüsselung Erbgut des Virus zeigte, dass der Erreger zur westafrikanischen Linie der Affenpockenviren gehört. Im BSL-3 Sicherheitslabor des Instituts wurde das Virus zudem auf Zellkultur angezüchtet. Es steht damit für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung.
IMB diagnostiziert ersten Affenpockenfall in Deutschland
Mit einem speziellen PCR-basierten Diagnostikverfahren wurde am IMB eine Infektion mit dem Virus bei einem Patienten zweifelsfrei nachgewiesen.